Pressemitteilung
vom Bündnis „Düsseldorf stellt sich quer“
Düsseldorf, den 01.04.2016
Kritik an Unterschriftenaktionen gegen Flüchtlingsunterkünfte in Wersten und Lichtenbroich
Offener Brief an Vertreter der Lichtenbroicher Initiative
Das Bündnis „Düsseldorf stellt sich quer“ hat einen offenen Brief an einen Vertreter einer Lichtenbroicher Interessengemeinschaft, Andreas Beier verfasst. Hintergrund ist eine Unterschriftensammelaktion der Interessengemeinschaft, die sich gegen den Bau einer weiteren Flüchtlingsunterkunft in Düsseldorf Lichtenbroich richtet. Weitere ähnliche Initiativen haben sich unterdessen auch im Düsseldorfer Süden gebildet. Sowohl in Lichtenbroich wie auch in Wersten an der Ickerwarder Straße lassen sich Anwohner*innen gegen Flüchtlinge ausspielen.
In einem Zeitungsartikel der Rheinischen Post (29.03.2016) äußert sich Herr Beier besorgt über den Neubau der Flüchtlingsunterkunft in Lichtenbroich. Er befürchtet Ghettos und einen Rechtsruck. In dem offenen Brief des Bündnisses „Düsseldorf stellt sich quer“ werden diese Sorgen durch sachliche Argumente entkräftet. So erklärt das Bündnis beispielsweise, dass der Zuzug von Ausländer*innen gerade Ausländerfeindlichkeit verringere und für den Fremdenhass nicht Flüchtlinge sondern vor allem die Inländer*innen verantwortlich sind. Das Bündnis empfiehlt der Lichtenbroicher Interessengemeinschaft vielmehr sich für eine infrastrukturelle Verbesserung für alle Bewohner*innen des Stadtteils einzusetzen, anstatt die Zugezogenen auszugrenzen oder gar abzulehnen.
Unterschriften gegen Einrichtungen für Flüchtlinge zu sammeln ist bewusst oder nicht bewusst eine Unterstützung der Forderungen extrem Rechter. Die Unterstützung des bundesdeutschen Rechtsrucks, der zuletzt in den Landtagswahlen zu erkennen war, wird durch die jüngsten Unterschriftenaktionen gestärkt. Düsseldorf stellt sich quer fordert die neu gegründeten Initiativen in Lichtenbroich und Wersten daher dazu auf, zu den politischen Konsequenzen ihrer Aktionen Stellung zu beziehen. Sie müssen sich zu den Auswirkungen der Unterschriftenaktionen erklären, wenn sie Rechten nicht in die Karten spielen wollen
Christian Jäger, Sprecher von Düsseldorf stellt sich quer! erklärt dazu: „Unterstützer dieser Initiativen sollten abwägen, ob ihre Befürchtungen die menschlichen und politischen Konsequenzen wert sind. Es gibt andere Wege, das Leben im Stadtteil zu verbessern. DSSQ steht dabei gerne als Ansprechpartner zur Verfügung.“
Sehr geehrter Herr Beier,
als Bündnis Düsseldorf stellt sich quer! nehmen wir empört Stellung zu Ihrer Unterschriftensammelaktion gegen die Flüchtlingsunterkunft am Standort In der Nießdonk in Lichtenbroich. Darum fordern wir Sie mit diesem offenen Brief zu einer Stellungnahme über die Beweggründe und Auswirkungen Ihrer Aktion auf.
Ihre Kritik an den ungleichen Zuteilungszahlen von Flüchtlingen an die Stadtbezirke können wir angesichts von sehr geringen absoluten Zahlen pro Bezirk nur als einen Vorwand betrachten. Aus Ihren Äußerungen wird aber klar, dass Sie tatsächlich vor allem über die Unterkunft in der Nießdonk mit bis zu 500 Flüchtlingen in Ihrer unmittelbaren Nachbarschaft besorgt sind; sie sprechen von einem ‚Ghetto‘. Wir fragen Sie: Speist sich diese Kritik ausschließlich aus der kritikwürdigen Unterbringung in einer Massenunterkunft? In diesem Fall würden wir Sie bitten, sich bei der Stadt dafür einzusetzen, dass die Massenunterkunft schnellstmöglich der Unterbringung in individuellen Wohnungen weicht. Oder fürchten Sie einfach aufgrund der Zahl an zuziehenden Ausländern die ‚Ghettoisierung‘? In diesem Fall ist für uns unerklärlich, dass Lichtenbroich durch die massive Aufnahme von Flüchtlingen nach dem Zweiten Weltkrieg nicht bereits zum ‚Ghetto‘ geworden ist.
Wir geben Ihnen in einem Punkt recht: Lichtenbroich hat zu wenig infrastrukturelle Angebote für seine Einwohnerinnen und Einwohner. Aber die Ursache hierfür sind nicht die Geflüchteten aus Syrien. Warum sammeln Sie Unterschriften gegen den Zuzug von Flüchtlingen, wenn Sie auch Unterschriften sammeln könnten, um die Stadt aufzufordern, die Infrastruktur in Lichtenbroich endlich zu verbessern? Dies würde allen Einwohnerinnen und Einwohnern im Stadtteil zugute kommen.
Scharf kritisieren müssen wir Ihre Aussage in der Rheinischen Post, dass der Zuzug von Flüchtlingen/Ausländern rechtspopulistische Tendenzen fördere. Es ist tatsächlich so, dass Ausländerfeindlichkeit vor allem in Landstrichen mit sehr geringem Ausländeranteil grassiert. Wer Kontakt zu Ausländern hat, ist seltener ausländerfeindlich. Nicht die zuziehenden Flüchtlinge sind schuld an Ausländerfeindlichkeit, sondern die ‚Inländer‘, welche Ängste vor den Folgen des Zuzugs schüren. Wir weisen Sie darauf hin, dass Sie – entgegen Ihrer erklärten Absicht – die Arbeit der Rechtspopulisten besser verrichten als diese selbst es könnten: Würden Republikaner oder NPD Unterschriften gegen ein Flüchtlingswohnheim sammeln, würden sie offenen Protest auf der Straße ernten. Sie leisten, ob gewollt oder nicht, Vorarbeit für eine rassistische Stimmung.
Wir hoffen, dass Ihre Antworten auf den Zuzug von Flüchtlingen nach Lichtenbroich künftig konstruktiv ausfallen.
Mit freundlichen Grüßen
Düsseldorf stellt sich quer